#Wochenbrief KW15 – 06.04.2025 Tiefgang (VI) Gemeinschaft SK#

Leben mit Tiefgang (VI):

Bei Jesus sein – Geistliche Gemeinschaft

So wie unser Leib aus vielen Gliedern besteht und diese Glieder einen Leib bilden, so besteht auch

die Gemeinde Christi aus vielen Gliedern und ist doch ein einziger Leib. 1. Korinther 12, 12 (HFA)

„Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus

18, 20)

Wenn wir aber im Licht leben, wie Gott selbst im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander.

Dann reinigt uns das Blut von jeder Schuld, das sein Sohn Jesus für uns vergossen hat. (1. Johannes

1, 7, BasisBibel)

Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen

und im Gebet. Apostelgeschichte 2, 42 (LB2017)

 

Liebe Leserinnen und Leser dieses Wochenbriefes!

Das griechische Wort für Gemeinschaft heißt „Koinonia“. Das bedeutet: teil-nehmen und teil-geben.

Darin waren die ersten Christen in Jerusalem beständig: Sie gaben Anteil an ihrem Leben und

nahmen Anteil am Leben der anderen. Dabei vertrauten sie der Verheißung von Jesus: „Wo zwei

oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18, 20) Der

auferstandene Gekreuzigte, der Herr Jesus Christus, war als der Gegenwärtige mitten unter ihnen,

unsichtbar, aber wirklich. So war ihre Gemeinschaft geprägt: Weil sie einzeln jeweils zu Jesus

gehörten, gehörten sie selbstverständlich zueinander. Jesus in ihrer Mitte verband sie unverbrüchlich

und deshalb war ihre Gemeinschaft eine wirkliche „Koinonia“ – ein Geben und Nehmen.

Unsere westliche Kultur im 21. Jahrhundert ist stark vom Individualismus geprägt. Der Individualismus

ist ein Gedanken- und Wertesystem, in dem das Individuum im Mittelpunkt der Betrachtung steht. Die

Grundidee des Individualismus ist eine Befreiungsidee. Die Befreiung des Einzelnen von den

Zwängen des Kollektivs wird als angenehm empfunden, das Kollektiv als behindernd und beengend.

So versucht der moderne Mensch, so unabhängig wie möglich von anderen und so selbstbestimmt

und frei wie möglich zu leben. Die Folge ist, dass die Balance zwischen dem „Ich“ und dem

„Wir“ verloren zu gehen droht. Jeder fragt: „Was bringt mir das ‚Wir‘?“ Was mir nützt, nehme ich gerne

aus dem „Wir“ mit. Immer weniger fragen: „Was kann ich einbringen ins ‚Wir‘?“ Jeder erkennt, dass

das auf die Dauer nicht gutgehen kann. Wenn alle nehmen, aber nur wenige geben, kollabiert eine

Gemeinschaft, eine Gesellschaft, ja, auch eine Gemeinde.

Das neutestamentliche Bild von der Gemeinde als Leib Christi bringt uns die notwendige Korrektur

und eine motivierende Vision: Es geht gemeinsam viel besser. Und nur gemeinsam sind wir – mit

Jesus in unserer Mitte – stark! Gemeinsam beten, gemeinsam loben, gemeinsam einander und

anderen dienen, gemeinsam teilen, aneinander Anteil geben in Freud und Leid – dazu sind wir berufen

und – ja sogar! – geschaffen! In allen Zeiten und Kulturen der Weltgeschichte haben Menschen ihre

Heimat in einer „Sippe“ gehabt – bis die Industrialisierung, die Neuzeit, das Leben dramatisch

verändert hat hin zu Klein- und Kleinst-Familien, ja zu 50% und mehr Einzelhaushalten in unseren

Städten.

Die Gemeinde Jesu als „geistliche Sippe“ ist ein attraktiver Gegenentwurf zur Vereinzelung und

Vereinsamung des modernen Menschen. Dabei ist wichtig, dass Gemeinschaft kaum in Reihen, aber

vor allem in Kreisen gelingt. Neben dem Gottesdienst in Reihen braucht es kleine, überschaubare

„Jünger-Kreise“, in denen Glauben und Leben geteilt wird und geistliches Wachstum der einzelnen

im Miteinander gelingt. So war das im ersten Jahrhundert bei Jesus und in Jerusalem und in Korinth

– und so gelingt Gemeinschaft im 21. Jahrhundert z.B. auch in Bremen. Wenn wir uns bewusst neu

oder weiterhin dazu entscheiden und darauf konkret einlassen, beständig (!) teilzugeben und

teilzunehmen – mit Jesus in unserer Mitte!

Das kann konkret so Wirklichkeit werden: Im Gottesdienst, in einer Kleingruppe oder Zweierschaft,

in Seelsorge und Beichte, in echten Begegnungen und einem aufrichtigen Miteinander, im

gemeinsamen Dienst und beim gemeinsamen Beten. Dabei entscheiden wir selbst vor Gott und

den Menschen, wieviel „Tiefgang“ wir zulassen. Je intensiver wir uns auf geistliche Gemeinschaft

einlassen, desto mehr werden wir im Laufe der Zeit wachsen in der Jüngerschaft und Nachfolge.

 

Steffen Kahl, Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Kreuzgemeinde Bremen (06.04.2025 – KW15)